Mephisto Berlin Professional 68020

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Mephisto Berlin Professional 68020
Hersteller Hegener & Glaser
Markteinführung 1994
CElo 2274
Programmierer Lang, Richard
Prozessor 68020
Prozessortyp 32 Bit
Takt 24 MHz
RAM 1024 KB
ROM 256 KB
Bibliothek 180.000 Halbzüge ~20.000 Varianten
Einführungspreis 1198 DM (600 €)
Rechentiefe 30? Halbzüge
BT-2450
BT-2630 2255
Colditz
Verwandt Mephisto Genius 68030
Zugeingabe Drucksensoren
Zugausgabe 64 Feld-LEDs
Display 2 x 16-stellige Punktmatrix
Stromversorgung Netzteil HGN 5004A
Spielstufen (fast) alle denkbaren
Maße 34 x 26 x 3,5 cm - Spielfeld 19,5 x 19,5 cm - Königshöhe 5,1 cm
Sonstiges
Update auf London Version möglich - 4 Bibliothekenstile (normal, klassisch, modern, blitz)
London Schriftzug
London Schriftzug
Level Info
Bedenkzeit Level
30 Sek. / Zug NORML 04
30 Min. / Partie BLITZ 07
60 Sek. / Zug NORML 05
60 Min. / Partie BLITZ 09
Turnier TOURN 00 to TOURN 09
Analyse INFIN

Der Berlin Professional wurde von dem deutschen Hersteller Hegener & Glaser als direkte Alternative zu dem erfolgreichen Saitek Risc 2500 entwickelt. Dieser kompakte Schachcomputer enthält genau wie das Genius - Modulset das Weltmeisterschaftsprogramm von 1993, Genius 2.0 von Richard Lang. Das Schachprogramm wird von einer sehr leistungsfähigen Hardware unterstützt, dem bewährten 68020 von Motorola, einem 32Bit- Prozessor der mit 24 MHz getaktet ist. Für Hash Tables steht 1 MB RAM zur Verfügung. Die Taktfrequenz wurde im Vergleich zum Mephisto Berlin 68000 verdoppelt.

Die Ausstattung des Berlin Professional ist vorbildlich. Der Anwender kann sämtliche Spielstufen beliebig einstellen und an seine Bedürfnisse anpassen. Das 32stellige Punktmatrixdisplay bietet vielfältige Informationsanzeigen, besonders gut gefällt der frei programmierbare Anzeigemodus.

Der Spieler kann selbst bestimmen, welche Informationen während der Partie angezeigt werden, oder auch nicht. Die Drucksensoren sprechen auf leichten Druck an und ermöglichen ein sehr angenehmes Spiel. Besonders gut gefällt natürlich der bei den Mephisto- Spitzengeräten obligatorische Partienspeicher, der dem Saitek Risc 2500 auch gut anstehen würde, auch die 64 Felddioden ermöglichen ein deutlich angenehmeres Spiel.

Der Computer kann während der Eröffnungsphase auf eine riesige Eröffnungsbibliothek mit über 180 000 Halbzügen zugreifen, die im wesentlichen mit der des Genius 68030 - Moduls identisch ist. Die Unterteilung des riesigen Buches entspricht im wesentlichen der des Genius - Moduls. Auch der Berlin Professional überzeugt durch seine souveräne Beherrschung sämtlicher Phasen des Schachspiels, Richard Lang bürgt auch hier für Spitzenleistungen.

Die umfangreich einprogrammierten Endspielstrategien sorgen dafür, daß der Rechner auch in dieser für viele Computer kritischen Phase nicht leicht auszuspielen ist.

Der Berlin Professional kann vor allem starken Turnierschachspielern empfohlen werden, die Spitzenspielstärke und eine sehr gute Ausstattung suchen. Leider kann der handliche Rechner, wie auch der kleine "Bruder" Berlin 68000, nicht mit Batterien betrieben werden.


Not exactly the Genius 2 but almost!

Mephisto Berlin Professional (Computerschach und Spiele / Heft 2 / 1994)

So die Antwort des Programmvaters Richard Lang auf die Frage unseres Testautors Günter Rehburg, welches Programm denn nun tatsächlich im Mephisto Berlin Professional stecke. "Der Berlin Professional enthält das Programm des Mephisto Genius 68030; nur, dass es eben auf einem Motorola 68020 läuft." Eine Aussage, die Anlass für einen ersten Leistungsvergleich des Brettcomputers mit der PC-Version gibt.

Richards Worte lassen es nicht gar so schwerfallen, fürs erste auf einen Test des Genius 68030-Moduls verzichten zu müssen. Alle Bemühungen der CSS-Redaktion, ein 68030-Testexemplar aufzutreiben, waren zur Erfolglosigkeit verdammt. Selbst Walter Haack, neues Vorstandsmitglied der von Saitek übernommenen Firma Hegener+Glaser und verantwortlich für Marketing und Vertrieb der Mephisto-Produkte, wusste keine Abhilfe zu schaffen. Letztlich wurde ich an Ossi Weiners HCC verwiesen, da dieser die Exklusivrechte am Genius 68030 besäße. Mag dem auch so sein - ich wurde dennoch wiederum in Richtung Hegener+Glaser entlassen. Nach der Saitek-Übernahme scheinen die Wege noch verschlungen - fast bedarf es eines Pfadfinders.

Quintessenz: Das Genius 68030-Modul ist zur Zeit nicht lieferbar. Eine neue Produktionsstätte, die sich sowohl in München wie auch in China auftun kann, ist noch nicht auszumachen. Schwach war zu vernehmen, dass mit einer erneuten Auslieferung frühestens im Mai zu rechnen ist. Fassen wir uns also in Geduld und seien wir glücklich, dass der Schachversand Niggemann in einer Blitzaktion den Berlin Professional zu Testzwecken zur Verfügung stellte. Dessen Programm entspricht ja laut Richard Lang haargenau dem des 68030 Genius-Moduls.

Ausstattung und Programm

Die unwesentlichen Unterschiede zum Genius 2-Programm für PCs sind auf die unterschiedlichen Programmsprachen zurückzuführen. Die Version für den Berlin ist in 68000-Assembler, das PC-Programm für Intel-Prozessoren geschrieben. Der 68020 Prozessor wird mit ganz genau 24,576 MHz Taktfrequenz betrieben. Der Programmspeicher besitzt 256 KByte ROM. 1024 KByte RAM stehen für die Hash-Tables zur Verfügung.

Ist die Anzahl der Spielstufen auch kein Qualitäts-merkmal, sei doch angeführt, dass deren 88 ganz sicher keinen Wunsch nach Abwechslung offenlassen, zumal dazu eine programmierbare Stufe gehört. Sie lässt jede Bedenkzeit- und Zugzahleinstellung zu.

Die Eröffnungsbibliothek wird mit 180 000 Halbzügen angegeben. Sie erkennt automatisch Zugumstellungen einschließlich Farbvertauschungen. Zudem gibt der Hersteller an, dass umfangreiche Endspielstrategien einprogrammiert sind.

Ich hege keine Zweifel an der Berechtigung dieser (wenn auch leicht propagandistisch aufgemachten) Angaben - handelt es sich doch um Richard Langs WM-Programm. Nicht alle angegebenen Programmeigenschaften können ohne weiteres abgetestet werden. Sei's drum - einige Testdurchläufe sollen dennoch die Leistungsfähigkeit des Programms in diesem Gerät verdeutlichen.

Beim Durchlaufen des hauseigenen Testprogramms fiel eine Steigerung im strategischen Bereich gegenüber dem Genius 1-Programm auf. In dem auf Turnierstufe laufenden Testprogramm werden einige strategische Stellungen bewältigt, die bisher für die gesamte Welt der Schachcomputer und Schachprogramme noch als "Böhmische Dörfer" galten.

Auch in der Königssicherheit zeigt das Programm gewaltige Fortschritte.



In dieser Stellung wurde auf Turnierstufe bislang ausnahmslos Sxh5 gezogen. Nach dem darauffolgenden g4 und der weiteren Zugfolge ...Sf6, f4 wird der Verteidigungsspringer vom Feld f6 vertrieben, und es folgt ein schnelles Matt. Der Berlin Professional führt als erstes mir bekanntes Programm auf der Turnierstufe den richtigen Verteidigungszug Tfe8 zur Deckung des Läufers auf e6 aus. Danach kann beispielsweise hxg6 mit fxg6 beantwortet werden. Das Lösungsverhalten im taktischen Bereich wie auch im Endspiel blieb praktisch unverändert.


Der Berlin Professional im Wettkampf

Für einen ersten Wettstreit stand mit Saiteks SPARC ein passender Gegner bereit. Mit seinen um 2200 liegenden Elo müsste er in etwa die gleiche Spielstärke besitzen, zudem dürfte das doch mehr taktisch ausgerichtete Spiel des Spracklen-Programms ein interessanter Prüfstein für die vielleicht mehr abwartende Spielgestaltung des Langschen Programmkindes sein.

Eine Partie, in der wieder die Programmierkünste der Spracklens deutlich zutage traten. Der eigentlich aus rein materieller Sicht günstige Abtausch zweier Bauern gegen eine Figur erwies sich letztlich als unglücklich.

Es sollte die einzige Entscheidung in den vier Partien des im Turniermodus (40 Züge/2 h) angesetzten Wettstreits bleiben. In den weiteren Partien gab es keinen Sieger. In zwei der drei Fälle führte Stellungswiederholung zum Remis.


Testgegner auf dem PC

Mark Uniackes Software- und Amateurweltmeisterprogramm Hiarcs 2.1, dessen Version 2.0 auf 486/33 in der SSDF-Rating-Liste mit Elo 2217 verzeichnet ist, musste als Gegner von besonderem Interesse gelten. Unvergessen die Hiarcs-Siegpartie gegen das Genius-Programm in der Softwaregruppe der Weltmeisterschaft in München. Unvergessen aber auch die Partien des Genius-Programms auf der Mephisto-"Wundermaschine" gegen Hiarcs bei der Ermitt-lung des Gesamtweltmeisters.

Hier lief Hiarcs auf einem 486 DX2/66 mit 256 KByte Cache. Ausgetragen wurden vier Partien mit einer Gesamtspielzeit von jeweils 60 Minuten für jedes Programm. In der folgenden Partie standen Hiarcs 80 Kbyte für Hash-Tables zur Verfügung.

Zweifelsohne und unschwer zu erkennen: Der Verlustzug. 23.Te1 f5 24.f3. So einfach ist das! 24...Ke6 25.fxe4 fxe4 26.Ld3 g6 27.Lxe4 Tc7 28.Lxb7+ Kf5 29.Lxa6 Kxf4 1-0 Ein eigenartiger Partieverlauf. Unbegreiflich der schwere Fehler des Berlin Professional im 22. Zug. Die drei anderen Partien blieben ohne Sieger. Die Remisen kamen ausnahmslos durch dreifache Zugwiederholung zustande.

Mir ist kein Computerwettkampf in Erinnerung, in dessen Verlauf es zu einer derartigen Anhäufung von Remispartien kam. Sicher auch ein Indiz dafür, wie gut es dieses Lang-Programm versteht, sich gegen starke Gegnerschaft zu verteidigen. Ein Erfolg, der sicher auch auf die oft harter Kritik ausgesetzte vorsichtige, ja auch abwartende Partieanlage der Lang-Programme zurückzuführen ist.

Zwei Aktivschachpartien (alle in 30 Minuten) gegen Richard Schröders Gideon Professional sollten das Bild abrunden.

Auch die folgende Partie ging für das Gideon-Programm klar verloren. Ein beachtlicher Erfolg für die im Berlin Prof. steckende Version des Genius-Programms, sind die Hardware-Unterschiede doch auch hier nicht gerade unerheblich.

Nicht vom Verlauf, aber umso mehr vom Ergebnis her interessant: Zwei Partien (60 Minuten für alle Züge) gegen den auf einem 486 DX2/66 MHz laufenden großen Bruder Genius 2 endeten beide mit einem Remis aufgrund Zugwiederholung.

Demgegenüber gab es eine negative Überraschung im Wettstreit mit dem kleinen Bruder Berlin 68000. Eine der beiden ebenfalls über 60 Minuten laufenden Partien ging verloren, während die Revanchepartie auch lediglich mit einem hier enttäuschenden Remis endete.

Stärker oder schwächer als PC?

Es erübrigt sich, an dieser Stelle nochmals die Stärken oder auch Schwächen der Lang-Programme näher zu beleuchten. Viel interessanter ist die Antwort auf die Frage, inwieweit diese in einem Schachcomputer steckende Version des Lang-Programms Genius noch an das auf starker Hardware laufende Genius 2-PC-Programm heranreicht. Von der Beantwortung ist es sicher bei vielen Freunden des Computerschachs abhängig, ob die nächste Kaufentscheidung in Richtung Brett oder PC geht. Nun, die Spielstärke der 386-Reihe der Personalcomputer wird vom Berlin Professional noch knapp erreicht. Darüber hinausreichende Hardware verdient aus der Sicht der Spielstärke einwandfrei den Vorzug.

Die von Thorsten Czub seinerzeit bei der Vorstellung des Berlin 68000 mit Recht beklagte fehlende Möglichkeit der Stromversorgung per Batterie wirft für mich zwangsläufig die Frage auf, welches Käuferpotential der Hersteller mit diesem 34x26 cm messenden und extrem flach gehaltenen Laptopgerät zu erschließen hofft? Nun, die neben den Figurensätzen (Königshöhe 50 mm) beigelegten Figurenplättchen wie auch die Unterbringungsmöglichkeit für Partieformulare lässt in erster Linie auf eine Ver-wendung als Reisegerät schließen. Dann ist aber eine Versorgung per Batterie unbedingt vonnöten, wie sonst soll eine schnelle Partie im Reisezug oder im Aeroplan ermöglicht werden? Zudem sind 220 Volt Wechselstrom nicht in jedem fernen Urlaubsland die übliche Stromversorgung, so dass gegebenenfalls der erhoffte Urlaubszeitvertreib letztlich zum Ärgernis gerät.

Zielgruppe gesucht

Also kein Reiseschachcomputer. Was aber dann? Drucksensoren, und mögen sie wie beim Berlin Professional noch so leichtgängig sein, dienen nicht gerade als Indiz eines hochgradigen Bedienungskomforts. Das gerade mal knapp 20x20 cm messende Brettfeld des Profigerätes bietet bei Gott keinen besseren Überblick als das bereits auf einem 14"-Monitor mögliche 16,5 x 16,5 cm große, in kontrastreichen Farben gehaltene Spielfeld eines Personalcomputers (z.B. ChessMachine).

Ein Vergleich des für einen Brettcomputer sicherlich sehr modernen menügesteuerten Bedienungssystems mit seinen schon aus der modularen Serie bekannten Pfeiltasten und Funktionstasten mit den diesbezüglichen Möglichkeiten eines durchschnittlichen PC-Schachprogramms verbietet sich von vorn-herein. Stellungsaufbau und -veränderung, Vor- und Rückspiel in der Partie, ggf. gar zu einem bestimmten Zug, benötigen auf dem Personalcomputer kaum Bruchteile der Zeit, die bei einer noch so fingerfertigen Bedienung eines Gerätes wie eben des Berlin Professional vonnöten ist.

Der PC kann's besser

Die 32-stellige Punktmatrixanzeige bringt sämtliche erforderlichen und wünschenswerten Menü- und Informationsanzeigen. Mit der Informationsvielfalt der führenden PC-Schachprogramme sowie deren Menüanzeigemöglichkeiten kann sie dennoch in keiner Beziehung Schritt halten. Da gibt es praktisch keinen Vergleich in der Bedienungsschnelligkeit und der Informationsvielfalt. Zudem sind die Informationen eines Personalcomputers mit einem Blick zu erhaschen und bedürfen eben nicht der ständigen Handumschaltung. Letztlich wollte sich bei mir während der Beschäftigung mit dem Berliner Profi auch nicht das Gefühl "die Dame einmal richtig in die Hand nehmen zu können" einstellen. Dazu ist ihre Figur dann doch allzu zart ausgefallen.

Bliebe nur der noch unter DM 1200,- liegende Preis als Kaufanreiz. Nein, der Berlin Professional bedarf dringend der Batteriestromversorgung, um als komfortabler und spielstarker Reisebegleiter dienen zu können. Ist dieses technisch nicht machbar, gehört auch das 68020-Programm (selbstverständlich zu einem Preis, der deutlich unter dem des 68030-Moduls liegen muss) in die modulare Serie, um der anstürmenden PC-Konkurrenz weiterhin die Stirn bieten zu können.

Sicher, der Mephisto Berlin und der ähnlich gestaltete RISC 2500 gehörten der Hitliste der Schachcomputer an. Aber - die PC-Konkurrenz bläst mit immer stärkerem Wind. Da gilt es mehr denn je, Geräte mit einer klaren Zweckbestimmung zu fertigen - und eben die ist beim Mephisto Berlin Professional für den Verbraucher nicht klar erkennbar. Schade, müsste doch bei entsprechender Ausstattung ein Gerät (oder ein Modul) mit einer Elo-Einschätzung, die ich zwischen 2230 und 2250 sehe, durchaus seinen Platz am Markt finden.


Inside the Chess Computer

Mainboard
Mainboard with component identification
CPU Motorola 68020-25MHz (Clock Signal = 24MHz)
Original EPROM, 8KB-DRAM, and Contrast Adjustment