Novag Emerald

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Novag Emerald
Hersteller Novag
Markteinführung 1993
CElo 1921
Programmierer Kittinger, David
Prozessor H8/300 Family
Prozessortyp 8 Bit, Singlechip
Takt 10 MHz (Quarzoszillator 20 MHz)
RAM 1 KB
ROM 32 KB
Bibliothek ~12000 Halbzüge
Einführungspreis 150 €
Rechentiefe 18 Halbzüge
BT-2450 1896 BT-2450
BT-2630
Colditz
Verwandt Novag Ruby
Zugeingabe Drucksensoren
Zugausgabe 16 Rand LEDs
Display 4-stelliges 7-Segment LCD
Stromversorgung 6 x AA oder Netz Novag 8210
Spielstufen 48
Maße 23,4 x 28,4 x 2,7 cm
Sonstiges
140 Züge Zugrücknahme, löst bis zu Matt in 8
Level Info
Bedenkzeit Level
30 Sek. / Zug AT 5
30 Min. / Partie SD 5
60 Sek. / Zug AT 6
60 Min. / Partie SD 6
Turnier TR 7
Analyse AN 8

Ein rasantes Paar

Emerald und Ruby von Novag (aus Computer Schach & Spiele / Heft 2 / April-Mai 1993)

Kaum ein Monat vergeht, wo nicht ein neuer Schachcomputer das Licht der Welt erblickt. Die jüngsten Kreationen kommen aus dem Hause Novag und tragen die schmucken Namen Ruby und Emerald. Axel Caro hat die beiden Geräte für uns unter die Lupe genommen.

Der Frühling steht vor der Tür und die ersten warmen Sonnenstrahlen locken auch den eingefleischtesten Stubenhocker aus seinem dunklen Zimmer hinaus ins Freie. Wer zu solchen sonnigen Zeiten einzig auf PC-Programme zur Ausübung seines liebsten Hobbys angewiesen ist, dem stehen nun natürlich entsagungsvolle Zeiten bevor. Ähnlich geht es den Besitzern spielstarker Tischgeräte, die zum unterhaltsamen Schachspiel außerhalb der eigenen vier Wände zumindest auf ein ausreichend dimensioniertes Verlängerungskabel angewiesen sind. Der Trend geht also eindeutig zum preisgünstigen, aber spielstarken mobilen Zweitgerät. Dass sich Qualität und Mobilität dabei nicht ausschließen müssen, hatte Saitek mit seinem kompakten GK2000 und dem reiselustigen Travel Champion (vgl. CSS 5/92) schon erfolgreich bewiesen.

Was die Kompaktheit betrifft, setzt Novag hier noch einen drauf. Benötigte der GK2000 für seine Grundfläche noch den Platz eines aufgeschlagenen CSS-Magazins, so kommt der Novag Emerald schon mit dem geschlossenen Heft aus. Sein DIN-A4-Maß lässt ihn problemlos in jedem Aktenkoffer Platz finden.

Klein, kleiner, am kleinsten

Doch auch wer ohne Aktenkoffer reist, braucht auf einen schachspielenden Gefährten nicht zu verzichten. Ruby gleicht vom Äußeren her dem Super Vip wie ein Ei dem anderen. Wie sein berühmter Vorgänger findet auch er bei einer Abmessung von 15,7 x 8,2 x 2,1 cm in jeder Westentasche Platz. Damit er dort auch ungestört weiter analysieren kann, haben umsichtige Ingenieure dem smarten Rechner einen Schalter spendiert, der es möglich macht, die Tastatur zu blockieren und so ein unbeabsichtigtes Verstellen verhindert. Hinsichtlich der Bedienung und Technik ist der gut in der Hand liegende Reiseschachcomputer vollkommen identisch mit seinem größeren Bruder, dem Emerald.

Was der Emerald dem kleinen Ruby voraus hat, sind das Drucksensorbrett und die sechzehn Leuchtdioden, welche über Ausgangs- und Zielfeld der Computerzüge informieren. Um mit dem Ruby Ihren Spaß haben zu können, müssen Sie jedoch weder ein perfekter Blindspieler sein, noch ihr privates Steckschachbrett bereithalten. Zum Lieferumfang des Ruby gehört neben einer robusten Reisebox nämlich auch ein formschönes und praktisches Magnetschachspiel. Praktisch deshalb, weil die Diagrammplättchen so flach gehalten sind, dass die Stellung auch bei zusammengeklapptem Brett erhalten bleibt.

Zweimal zwanzig Megahertz

Ohne Probleme ist auch die Stromversorgung. Ebenso wie Saiteks neuesten Geräten, dient auch dem Emerald und Ruby ein schneller, RISC-ähnlicher H8-Prozessor als Motor. Dieser moderne Prozessor eignet sich dank seines kleinen Befehlssatzes nicht nur bestens für die Schachprogrammierung, er hat auch einen außerordentlich geringen Strombedarf: 60 bis 75 Stunden Batteriebetrieb schonen Geldbeutel und Nerven, schließlich braucht man nicht gleich bei jeder Turnierpartie ein Blackout des Computers zu befürchten. Dass es der GK2000 mit ca. 150 Stunden Spielzeit auf das Doppelte bringt, ist kein Zufall und leicht zu erklären. Der Saitek-Rechner wird mit 10 MHz getaktet, die neuen Novags mit sage und schreibe 20 MHz! Geht man allein nach der Taktzahl, so gehören Ruby (ein handgroßer Reise-Winzling!) und Emerald zum schnellsten, was es derzeit auf dem Schachcomputermarkt zu kaufen gibt.

Kinderleichte Bedienung

Eine Bedienungsanleitung für die beiden Geräte lag zwar zur Zeit der Erstellung dieses Artikels noch nicht vor, aber auch ohne eine schriftliche Anleitung bereitet ihre Handhabung kaum Probleme. Die Zug-, Stellungs- und Spielstufeneingabe erfolgt beim Emerald durch Drucksensoren, beim Ruby über die Tastatur. Informationen wie Zeit, Rechentiefe, Stellungsbewertung, Hauptvariante (3 Halbzüge), Zugliste und Zugnummer werden bei beiden im 7-Segment LCD-Display gut lesbar angezeigt.

Spielstufen kennen beide Geräte achtundvierzig an der Zahl, und zwar jeweils acht Turnierstufen, acht Stufen mit fest vorgegebener Zeit pro Zug, acht sogenannte sudden death Stufen mit begrenzter Zeit für die gesamte Partie, acht Stufen mit einstellbarer Rechentiefe (1 bis 8 Halbzüge), acht Analysestufen (Rechentiefe 9 bis 16 Halbzüge = maximale Rechentiefe) und schließlich acht Handicapstufen, die es auch dem Amateur und Anfänger erlauben, leichter zu einem Erfolg zu kommen.

Natürlich können auch die neuesten Novag-Geräte die Bedenkzeit des Gegners nutzen (permanent brain), ein zuschaltbarer Zufallsgenerator ist auch vorhanden. Wer den Ruby oder Emerald einmal gegen einen ebenbürtigen Gegner spielen lassen will, kann ihn unter der Option AUTOPLAY gegen sich selbst antreten lassen. Zur Analyse eigener Partien eignet sich dieses Feature natürlich auch. Erwähnt sei noch die Möglichkeit, bis zu 140 Halbzüge zurückzunehmen und vorzuspielen, was lange nicht bei allen Geräten dieser Preisklasse Standard ist.

Nicht lupenrein

Kommen wir zur Spielstärke. Für den BT-Test wurden 277 Minuten benötigt, woraus sich eine BT-Elo von 1896 errechnet. Damit liegt das erste von Dave Kittinger auf einem H8-Prozessor geschriebene Programm gleichauf mit Mephisto Academy und noch vor Polgar 5 MHz. Der schon 1990 von Kittinger programmierte Novag Super Forte C liegt mit 1907 BT-ELO-Punkten allerdings noch vor dem H8-Programm. Der ehrwürdige Super Forte B erreicht immerhin 1864 BT-Punkte. Schon hier stellt sich die Frage: Wenn es sich bei den Programmen im Ruby und im Emerald um ein Kittinger-Programm handelt, warum schneidet es dann im BT-Test nicht wesentlich besser ab als z.B. Super Forte B oder C? Schließlich werden die Super Fortes mit schlappen 6 MHz getaktet.

Ich suchte mir sämtliche Bücher und CSS-Magazine heraus, in denen die früheren Kittinger-Programme Erwähnung fanden, um Lösezeiten und Spielverhalten der Vorversionen mit denen des neuesten Werks zu vergleichen. Das Ergebnis war überraschend: Nichts deutete darauf hin, daß Kittinger versucht hätte, eine seiner älteren Programmversionen auf den H8-Prozessor umzusetzen! Nichts von dem, was einen Super Constellation, einen Super Expert, oder einen Diablo bzw. Scorpio berühmt gemacht hatte, konnte ich bei dem neuen Programm wiederfinden. Weder die oft für Furore sorgenden PSH-Algorithmen (Pre-Scan-Heuristics, scherzhaft auch Passt-sicher-halbwegs-Methode genannt), welche einem den Eindruck planvoller Angriffsführung vermitteln konnten, noch besondere Fertigkeiten im (Bauern-) Endspiel ließen sich wiedererkennen. Allein in speziellen taktischen Bereichen mag das neue Programm etwas zugelegt haben.

Einige Partien gegen angemessene Konkurrenz sollten helfen, einen Eindruck vom praktischen Spielverhalten der beiden Novags zu gewinnen. Nach elf Schnellschachpartien gegen den halb so schnellen GK2000 steht es zurzeit 7,5:3,5 für den GK, und auch gegen Fritz2 286/20 vermochte sich der Emerald nicht durchzusetzen. Endergebnis hier: 6,0:4,0 für Fritz2.

Zwar hatten weder Fritz2 noch der GK2000 leichtes Spiel, aber das Spielverhalten der neuen Novag-Geräte erinnert mich mitunter doch allzu sehr an längst vergangen geglaubte Zeiten. Da wandert der König ohne Not in die Ecke, Bauern werden planlos vorgezogen und Züge trotz Stellungsvorteils wiederholt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Programm sich darauf beschränkt, eigene Fehler zu vermeiden und diejenigen des Gegners konsequent auszunutzen, was denn hin und wieder auch mit Erfolg gelingt.

Zwei Beispielpartien werden helfen, das Gesagte zu veranschaulichen:

Seltsam, weder die Ergebnisse der Stellungstests, noch eine Analyse des praktischen Spiels konnte ich in irgendeiner Weise mit dem in Einklang bringen, was mir von Kittinger und seinen Programmen bisher bekannt war. Eine schnelle Anfrage beim Autor in Mobil, Alabama, brachte die folgende Antwort von Kittinger: "Ich habe bei diesem Programm etwas mehr Selektivität und Ruhesuche als bei meinen alten Programmen implementiert. Der Emerald hat nun ein US-Rating von 2230, ermittelt in Partien in einem hiesigen Schachklub, wo das Gerät sogar mich und den Scorpio geschlagen hat. Die H8-Hardware ist nicht ganz so schnell wie ein 68000, aber schneller als der 6502, den wir früher verwendeten, und viel wirtschaftlicher."

Wie dem auch sei: Anfänger und Fortgeschrittene werden in den beiden Neuen auf jeden Fall zähe Gegner finden. Als mobiles Tischgerät würde ich dem GK2000 zwar den Vorzug geben, als Reisegerät scheint mir aber der Ruby dank seiner Kompaktheit und dem praktischen Magnetschach gegenüber dem Saitek Travel Champion die bessere Wahl.


Was uns gefiel

  • + robust und kompakt
  • + übersichtliche Bedienung
  • + breite, abwechslungsreiche Eröffnungsbibliothek (ca. 12000 Halbzüge)
  • + ansprechendes Design
  • + durchdachte Details
  • + günstiger Preis (beide DM 299,-)

Was uns nicht gefiel

  • - Felder und Figuren zu blass (Emerald)
  • - Drucksensoren schwergängig
  • - Beschriftung englisch und z.T. schlecht lesbar
  • - wenig Endspielwissen
  • - Zugwiederholungen und unmotivierte Königs- und Bauernzüge
  • - unkomfortable Informationsanzeige