Mephisto Milano
Mephisto Milano | ||
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Hersteller | Hegener & Glaser | |
Markteinführung | 1991 | |
CElo | 2007 | |
Programmierer | Ed Schröder | |
Prozessor | 65C02 | |
Prozessortyp | 8 Bit | |
Takt | 4,9152 MHz | |
RAM | 8 KB | |
ROM | 64 KB | |
Bibliothek | 9864 Halbzüge (ausgelesen) - lt. Werbeprospekt 20.000 | |
Einführungspreis | 498 DM | |
Rechentiefe | 22 Halbzüge | |
BT-2450 | 1956 | |
BT-2630 | 1969 | |
Colditz | ||
Verwandt | Mephisto Polgar, Mephisto MM V, Mephisto Nigel Short | |
Zugeingabe | Drucksensoren | |
Zugausgabe | 16 Feldrand LEDs | |
Display | 2x16 Punktmatrix-LCD | |
Stromversorgung | Batterie = 6x AA-Zellen, Netz = HGN 5001 | |
Spielstufen | Normalspiel-, Turnierspiel-, Blitz-, Rechentiefe-, Mattsuch- und Fernschach-Stufen, Elo Spielstufen | |
Maße | 34 x 26 x 2,5 cm (mit Deckel 3,5 cm hoch); Spielfeld 19,5 x 19,5 cm | |
Sonstiges | ||
* Endspielposition (Teststellung für den Mephisto Milano) |
Mit dem Mephisto Milano stellte Hegener & Glaser 1991 ein weiteres Gerät im "Laptop-Design für unter 500 DM vor.
Das Programm des Mephisto Milano beruht auf dem des Mephisto Polgar und enthält zusätzlich taktische Algorithmen des Mephisto MM V und dessen eigene Art von Extensions (in diesem Fall Erweiterungen bei Schachgeboten, die über das normale Maß hinausgehen), was dafür bürgen sollte, die Spielstärke seiner Vorgänger noch um einiges zu übertreffen. Wie sich diese Erweiterungen auswirken, wird an der nachstehenden Stellung sehr deutlich, benötigt der Polgar über 20 Minuten für das Matt, ist es für den Milano eine Sache von wenigen Sekunden.
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Matt in 7
Diese zusätzlichen Erweiterungen bremsen den Milano hinsichtlich der Rechentiefe etwas aus (der Polgar dringt in gleicher Zeit tiefer in den Suchbaum vor), allerdings hat dies beim Milano keine negativen Auswirkungen auf die Spielstärke, ganz im Gegegnteil, sein Spiel wirkt ausgeglichener und solider.
Der Funktionsumfang des Milano entspricht zwar größtenteils dem des Mephisto Polgar, allerdings gibt es schon ein paar Unterschiede, so bietet der Milano anstelle der erweiterten Einsicht in den aktuellen Suchvorgang die Anzeige der Anzahl der berechneten Stellungen. Die fehlende Einstellmöglichkeit der Selektivität fällt da schon eher negativ ins Gewicht beim Milano, dafür kann er das Ticken einen Schachuhr simulieren. Die Möglichkeit einer nachträglichen Partieanalyse bietet wiederum nur der Milano, bis zu 10 markante Stellungen in einer Partie lassen sich markieren, um sie dann vom Computer nachträglich einer tieferen Betrachtung unterziehen zu lassen.
Zusammenfassend kann man sagen, daß der Milano viele interessante Features in Verbindung mit einer guten Spielstärke bietet. Bekannt sind zwei Versionen, 1.01 und 1.02. Abrufbar durch Drücken der "Memory" und danach der "Info" Taste. Hiermit startet man auch den Testmodus. Durch fortlaufendes Drücken der "Enter" Taste werden die Rand-LEDs, die Funktions-LEDs und das Display (gefüllt mit "m") geprüft. Die Eprom-Checksumme wird angezeigt und zum Schluss lassen sich die Tasten prüfen.
Das Gerät verfügt über eine interne Backup-Batterie vom Typ 2032, wodurch der Milano Einstellungen und Spielstand speichern kann. Zum Austausch der Batterie muss das Gerät geöffnet werden, 1 Schraube befindet sich im Batteriefach, 3 Schrauben unter den Gummifüßen. Die 2032 ist nicht verlötet, sondern in einem Batteriehalter geklemmt (siehe Foto unten).
Betrieb des Milano ist mit Akkuzellen wie Eneloop sinnvoll möglich.
Der später erschienene "Bruder" Mephisto Nigel Short basiert auf identischer Hardware. Durch Wechsel des Programm-EPROMS lässt sich aus einem Milano ein Nigel Short machen bzw. auch umgekehrt. | 30 Sekunden = frei einstellbar | 30 Minuten = frei einstellbar oder Elo Stufe | 60 Sekunden = frei einstellbar | 60 Minuten = frei einstellbar | Turnier = frei einstellbar oder Elo Stufe | Analyse = | Infos = Ende 1991 wurden Gerüchte verbreitet, dass Hegener + Glaser ein neues Gerät präsentieren würde, das preislich in der Mittelklasse, spielstärkemäßig aber über den besten Achtbittern liegen sollte.
Gerade noch rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft kam dann der Mephisto Milano in die Läden und entwickelte sich zum absoluten Renner. Die Gründe dafür waren einfach: Für einen empfohlenen Verkaufspreis von 498,- DM bekommt der Kunde eine ganze Menge. Das mattschwarze, nur 2,3 cm hohe, Gehäuse ist völlig neu gestylt und sehr durchdacht konzipiert. Vor allem wurde an den Betrieb unterwegs gedacht: Ein Deckel schützt das Gerät vor Schmutz und Beschädigung, wobei bei aufgelegtem Deckel die Stellung nicht unbedingt abgeräumt werden muss, da jedem Milano zusätzlich Plättchen mit aufgedruckten Figurensymbolen beiliegen. Selbstverständlich sind Figuren und Spielfläche magnetisch, so dass der Computer nicht immer ganz gerade stehen muss. Dem Spielkomfort förderlich ist, dass die Magnete in den Figuren etwa einen Millimeter überstehen. Auf diese Weise sprechen die Sensoren etwas besser an. Der Weisheit letzter Schluss ist aber auch dies nicht. Hätten die Figuren zusätzlich noch Filz unter dem Sockel, wäre die Figureneingabe noch einmal leichter und das Brett würde deutlich mehr geschont. Tipp also: Selbst kleine Filzunterlagen unter die Figuren kleben.
Natürlich verliert der Milano auch nicht die Stellung, wenn man die gerade laufende Partien unterbrechen muss, vorausgesetzt man vergisst nicht, vor dem Ausschalten die Taste Memory zu drücken. Unverständlich, denn am Netz betrieben reicht ein kleiner Stromausfall um die Spieldaten und die Stellung unwiederbringlich aus dem Gedächtnis des Computers zu streichen. Wenigstens halten die Batterien dank stromsparender CMOS-Technik über 100 Stunden. Um eine solch lange Lebensdauer der Batterien zu gewährleisten, verzichtete man bei Mephisto darauf, den Milano schneller als seine Vorgänger Polgar und MM V zu machen. Er läuft nun, genau wie diese, auf einem 6502-Pro-zessor, der mit lediglich 5 MHz getaktet ist. Die Spielstärke des Milanos ist aber über jeden Zweifel erhaben und dürfte in etwa einem Spieler mit einer DWZ-Zahl von 1950 entsprechen. Vor allem ist es dem Autor Ed Schröder gelungen, die Spielstärke des Milano gegenüber seinen Vorgängern noch einmal anzuheben und was noch mehr Bewunderung verdient, er hat es sogar geschafft, die Vorteile der jeweiligen Geräte im Milano zu vereinen! Der Mephisto Polgar glänzte bei seiner Vorstellung mit einem strategisch sehr feinen Spiel und einer guten Ausstattung, hatte aber taktische "Löcher". Der MM V hatte die karge Ausstattung der alten modularen Reihe, glänzte mit taktisch verbesserten Spiel, spielte aber gelegentlich sehr aggressiv und unsolide.
Der Milano nun spielt ein sehr positionell angelegtes Schach, weist aber trotzdem bei taktischen Aufgaben Lösungszeiten auf, die in der Regel unter denen des MM V liegen.
Im Spiel merkt man von der gewachsenen taktischen Schlagkraft des Milano allerdings nur sehr wenig. Das Grund ist wohl darin zu sehen, dass die starke positionelle Ausprägung des Spiels des Milano selten verwickelte Stellungen auf dem Brett zulässt. Die große Stärke des Milano liegt ohnehin auf strategischem Gebiet. Hier steht er auch dem wesentlich teureren RISC-Programm von Ed Schröder nicht nach und in der Klasse der 8-Bit-Geräte ist er auf diesem Gebiet sowieso eine Klasse für sich.
In der Regel müssen jedoch die errungenen Mittelspiel-Vorteile im Endspiel umgesetzt werden. Gute Endspielfähigkeiten sind deshalb Pflicht für ein Spitzenschachprogramm.
Der Milano überragt seine beiden Brüder sowohl im reinen Endspielwissen als auch in der Behandlung allgemeiner Endspiele. Jedoch ist er damit einigen Mitbewerbern in der 8-Bit-Klasse noch leicht unterlegen und gelegentlich werden remisige Stellungen zum Verlust verdorben oder Gewinnstellungen zum Remis vertändelt. Aber im Großen und Ganzen zeigt der Milano auch in dieser Disziplin keine gravierenden Schwächen. Für viele Käufer ist es aber nicht nur wichtig, dass ihr Gerät das des Nachbarn schlägt, sondern sie erwarten auch einen gewissen Komfort beim Spielen. Und so zeigt sich die Ausstattung des Milano ebenfalls komplett: Die Eröffnungsbibliothek umfasst lt. Werbeprospekt 20.000 Halbzüge (ausgelesen zeigen sich 9864) und bietet zusätzlich eine Trainingsmöglichkeit. Schade nur, dass es keine Möglichkeit gibt, eigene Varianten einzugeben. Während einer Partie oder Analyse kann der Spieler wahlweise Einblick nehmen in den Zeitverbrauch auf der Vierzeitenuhr oder in den Rechenvorgang. Sogar wenn der Computer nicht am Zug ist, kann man die aktuelle Stellungsbewertung und Rechentiefe einsehen. Leider gibt es keinen Rolliermodus, so dass man immer die Info-Taste drücken muss, um das Info-Fenster zu wechseln.
Wenn die Frustration aufgrund der Spielstärke des Computers zunimmt, kann man auch einen Lernfaktor zuschalten der den Milano veranlasst, nicht immer den besten Zug zu machen, oder mal gibt dem Computer gleich vor, mit welcher Spielstärke er eine Turnier- oder Aktivpartie gegen einen spielen soll.
Eine ganz neue Funktion gibt es: Die Funktion "Schachuhr ein" lässt den Computer während der Bedenkzeit des Spielers jede Sekunde einmal piepen und simuliert so eine echte Schachuhr bzw. Turnieratmosphäre. Aber die allerwenigsten Milano-Besitzer werden wohl diese Funktion jemals benutzen, denn auf die Dauer nervt die Uhr etwas. Schön ist auch, dass alle Funktionen in einwandfreiem Deutsch bzw. wahlweise Englisch im Display stehen. Durch das (zweizeilige) Punktmatrix-Display brauchen auch keine Buchstaben stilisiert zu werden.
Selbstverständlich speichert der Milano auch die ganze Partie und erlaubt sie hinterher vorwärts oder rückwärts (bei gutem Gedächtnis des Spielers auch ohne Tastendruck) zu begutachten. Für Problemfreunde dürfte interessant sein, dass der Milano nicht nur mit guten Lösezeiten aufwartet, sondern auch Nebenlösungen aufspürt.
Fazit: Bei dem Milano handelt es sich um einen echten Preis-Leistungs-Knüller, der nicht nur dem Profi ein echter Gegner ist, sondern sich auch an den Anfänger wendet.
Partiebeispiele