CXG Advanced Star Chess

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CXG Advanced Star Chess (Art.211)
Hersteller CXG
Markteinführung 1986
CElo 1647
Programmierer Kaare Danielsen
Prozessor HD6301Y0 (rom A14)
Prozessortyp 8 Bit, Singlechip
Takt 8 MHz (2 MHz internal)
RAM 2 KB + 256 Bytes
ROM 16 KB
Bibliothek >6.000 Halbzüge
Einführungspreis 279 DM (140 €)
Rechentiefe
BT-2450
BT-2630
Colditz 1809
Verwandt CXG Super Enterprise
Zugeingabe Stecksensorbrett
Zugausgabe 16 Rand LEDs
Display ---
Stromversorgung Batterie = 9V Block; Netz = 9V, z.B. HGN 5001
Spielstufen 44 und 4 Spielstile (normal, aggressiv, desperado, positionell)
Maße 19 x 10,5 x 4 (incl. Deckel) cm; Spielfeld = 8 x 8 cm
Sonstiges
programmierbare Eröffnungsbibliothek
Level Info
Bedenkzeit Level
30 Sek. / Zug A7
30 Min. / Partie C8
60 Sek. / Zug B1
60 Min. / Partie D2
Turnier B4
Analyse F3

Abgesehen vom Gehäuse, identisch mit dem CXG Super Enterprise. Ungewöhnlich ist die Anordung der Rand-LEDs, nämlich rechts und oben, was aber nicht sonderlich praktisch war, da die oberen LEDs bei Schrägansicht leicht von den relativ großen Figuren verdeckt wurden. Und die rechts befindlichen LEDs werden von Rechtshändern beim Ziehen verdeckt; also nicht allzu ergonomisch das ganze...

Eine unternehmungslustige Familie

Super Enterprise und Advanced Star Chess

Bernd Schneider (aus Computer Schach & Spiele / Heft 5 / Oktober-November 1986)


Bei der Computerschach-Weltmeisterschaft in Köln machte ein gerade taschenbuchgroßer Schachcomputer vielen Großrechnerprogrammen - so z.B. "Dutch" (350 K, 32 Bit-Rechner) und "Awit" (750 K, ebenfalls 32 Bit) - ordentlich zu schaffen. Die Rede ist von "Enterprise", einem 16K-Programm des Dänen Kaare Danielsen, das in Geräten der Firma Newcrest Technology (Hong Kong) untergebracht ist. Bernd Schneider hat sich mit ihnen beschäftigt.

"Enterprise" heißt "Unternehmung", erinnert aber auch an Flugzeugträger, Raumschiffe und Spaceshuttles. So ganz kommt man auf jeden Fall nicht umhin, etwas Gewaltiges zu assoziieren... Dennoch gefällt mir eher das harmlosere "unternehmungslustig", da das auch die Reiselust des kleineren der beiden programmgleichen Brüder mit einbezieht, dessen Gerätename "Advanced Star Chess" ist: Ein Reise-Steckschachcomputer in den Abmessungen 19 auf 10,5 cm. Dieses putzige Ding, das bequem in eine Damenhandtasche passt, demonstriert eindringlich, mit wie wenig Platz die moderne Elektronik auskommen kann. Es ginge sicher noch kleiner, aber dann bräuchte man für die Figuren eine Pinzette.

Ganz neu: Mit Display

In einer zweiten Version kommt das Enterprise-Programm in Form des Drucksensorbrettes "Super Enterprise" einher: Das Spielfeld hat hier 29,5 cm Kantenlänge und ist von einem nur knapp einen Zentimeter breiten Rand eingefasst, der auch die LEDs beherbergt (die Anzeige erfolgt nach der Koordinatenmethode). Seitlich an das Spielbrett ist die Tastatur mit weiteren acht LEDs angesetzt; in der neuesten Version, die mir als Vorserienmodell zur Verfügung stand, befinden sich hier noch zwei kleine Displays.

Der Importeur der Geräte, Lorenz Siwek in Fürth, nahm an, diese Displays (die noch ohne Funktion waren) würden lediglich die Zugzeiten beider Seiten angeben. Doch weit gefehlt: Nach einem kurzentschlossenen Vorstoß ins Innere des Gerätes (der auch den Prozessor 6301Y und den 8-MHz-Quartz enthüllte, wie beim bisherigen Modell) fand sich ein trickreiches Schallerchen, dessen Betätigung den Displays Leben einhauchte. Und siehe da, was diese beiden kleinen Anzeigen so von sich zu geben vermögen, stellt etliche andere Geräte in den Schatten.

Stylingfragen und Displaykünste

Man erhält auf ihnen nämlich Informationen nicht nur über Zug- und Summenzeiten, sondern auch eine Stellungsbewertung (vierstellig im unteren Display, während das obere weiter die Zeit angibt) sowie die aktuelle Zugliste. Schließlich liefern die Displays in der Bereitschaftsphase die Zugzahl, und sie verbinden sich mit der Wahl der Spielstile - doch davon später. Ebenso wie die Zugliste, kommen auch die eingestellten Spielstufen alphanumerisch zum Ausdruck; in den Grundstufen werden außerdem die Durchschnitts-Rechenzeiten im unteren Display dargestellt.

Das Design des neuen Gerätes ist besser geglückt als beim bisherigen Super Enterprise: Wo früher eine etwas gewöhnungsbedürftige Braun-Grau-Schwarz-Mischung vorherrschte, zeigt sich nun ganz stilvoll nur noch schwarz-graue Zweifarbigkeit. Jeder Felder-Eckpunkt trägt einen roten Punkt; Hier durfte sich wohl ein Stylist austoben (oder handelt es sich um Baugenehmigungen?). Beim früheren Gerät waren diese Punkte übrigens gelb.

Der Rest indes ist gleich geblieben, von der erstaunlichen Melodie beim Einschalten des Gerätes - diese klingt fast mittelalterlich - bis zu dem einmaligen Umstand, dass Enterprise-Käufer vier Damen mitgeliefert bekommen - für allfällige Bauernumwandlungen. Das Styling der Figuren ist ein wenig seltsam; lang und spindeldürr sind Dame und König - wohl, um die Aufstandsfläche aller Figuren gleich groß zu halten. Brett und Figurensockel sind magnetisch aneinander interessiert, so dass die langen Dürren recht standfest sind, trotz ihrer optischen Instabilität.

Desperado

Hat man sich genügend an den Äußerlichkeiten geweidet und mit dem Spiel selbst begonnen, fällt auf, dass die Bedienung des Geräts sehr klar und einfach ist. Die auch am Star Chess vorhandenen 16 Tasten gestatten schnelle und sichere Stellungseingabe, Abruf von (Display-) Informationen und Eingaben zum Spielverlauf (Level, Multi Move, Enter Position), ferner Speicherung von Eröffnungen und Partien. Eine Besonderheit bieten die beiden Geräte bezüglich der Möglichkeit, vier verschiedene Spielstile anzuwählen. Beim alten SE so-wie beim Star Chess stellt man diese kommentarlos ein; der neue SE jedoch bestätigt sie im oberen Display. Hier liest man AGGR für den entfesselten und POSI für den verhaltenen Stil. Wer richtig kämpfen will, der sollte indes denjenigen Stil wählen, der durch DESP gekennzeichnet ist - und mit einem "Desperado" die Klingen kreuzen.

Im Übrigen ist zur Kritik von SE und Star Chess noch anzumerken, dass die LEDs beim ersteren zu klein und beim zweiten an den falschen Brettkanten untergebracht sind. Die Tasten beim SE bleiben mitunter hängen, wenn sie verkantet werden; beim "Kleinen" muss man sie recht brutal per Fingernageldruck aktivieren. Die Figurensymbole sind beim SE etwas undeutlich und (damit komme ich zum Ende der Kritik-Liste...) die Betriebsanleitung könnte eine teutonische Aufbesserung (siehe letzte Seite in CSS 4/86) gebrauchen.

  • Die Anzeigemöglichkeiten des Super Enterprise:
- Rechenphase Rechenphase zuende, Zug noch nicht ausgeführt Bedenkphase Spieler
Erstes Display Summenzeit Computer, Zugzeit Computer Zugnummer Summenzeit Computer, Bedenkzeit Spieler, Spielstil
Zweites Display Summenzeit Spieler, Stellungsbewertung, Zugliste errechneter Zug alphanumerisch Summenzeit Spieler, Stellungsbewertung, Spielstufe
Zweites Display Summenzeit Spieler, Stellungsbewertung, Zugliste errechneter Zug alphanumerisch Summenzeit Spieler, Stellungsbewertung, Spielstufe
Brett Hauptvariante, Suchtiefe, Mattankündigung errechneter Zug Hauptvariante nach Zugvorschlag
  • Gerätevergleich:
  + / -   Super Enterprise Advanced Starchess
+

Gefälliges Äußeres
Informative Displays
Batteriebetrieb möglich
Spielstile wählbar
Gute Spielstärke
Ganze Hauptvariante abrufbar
Zusätzliche Eröffnungen und Partien können programmiert werden

Gutes Styling
praktisches Figurenfach
Spielstile wählbar
Gute Spielstärke
Ganze Hauptvariante abrufbar, Stellungsbewertung und Zeit (in LED)
Zusätzliche Eröffnungen und Partien können programmiert werden

-

Figuren etwas eigenwillig gestylt
Figurensymbole undeutlich
Tasten bleiben manchmal hängen

LEDs an der falschen Stelle (rechts oben anstelle links unten)
Tasten schwer zu bedienen
Zugausführung etwas mühsam

Enterprise als Gegner

Ob man nun den unbeschwerten Star Chess im Zug mithat oder im Wohnzimmer auf dem eleganten SE spielt - das Programm von Kaare Danielsen kann beeindrucken. Es erwies sich in der Praxis als taktisch fix und positionell gesund - auch in der DESP-Einstellung. Überhaupt ist der Einfluss dieser mutmaßlichen verschiedenen Stellungs-bewertungen -sowas gab es auch mal bei Mephisto 1 - nur gering, wenngleich spürbar.

Im Vergleich mit anderen Geräten zeigt sich folgendes: Enterprise ist in Taktiktests (siehe auch Colditz-Tabelle) genauso gut wie Mephisto MM II, positionell spielt er besser. Dennoch ging ein von mir durchgeführtes Schnellschach-Turnier (12 Partien mit Bedenkzeiten von 30 Sek. und 1 Min.) mit großem Vorteil für MM II zuende: Dieser überblickt die Lage stets einen Halbzug tiefer als der SE und kann somit dessen positionellen Vorteil anscheinend mehr als wettmachen.

Brute-Force-Unarten haben beide Geräte, der SE jedoch in geringerem Maße als MM II - und in höherem als sein 16K-Kollege Excellence, der zu insgesamt ausgewogenerem Spiel fähig ist. Dem bei gleichem Prozessor und ROM-Umfang schnelleren, jedoch selektiv suchenden Turbo 16 hingegen zeigt sich der SE/SC in Spiel und Tests weit überlegen. Und an einem weiteren Gegner mit 16 K durfte SE seine Kräfte messen: Am Elegance, der bekanntlich das Elite Glasgow-Programm von einem 6502 mit 3.6 MHz abarbeiten lässt. Gegen ihn hat der Vorserien-SE recht gut ausgesehen, von den Schnellpartien gewann er rund die Hälfte, wobei er taktisch schneller und positionell etwas fader als sein Gegner wirkte. Vielleicht könnte man seine Spielstärke in der Größenordnung von knapp unter 1900 Elo einstufen - fantastisch für 16 K.

Hauruck-Angriffe bringen nichts

Tatsächlich bedarf es auch für menschliche Gegner großer Anstrengung, ihn bis zum Aufleuchten der "Resign-LEDs" zu bringen; mit Hauruck-Angriffen ist bei ihm nichts zu erreichen. Offene Linien nutzt er positionell geschickt aus; wenn er giftig gestimmt ist, forciert er seine eigenen Angriffe auf der f-Linie. Das sonst häufige h6 (h3) zur Vertreibung gegnerischer Springer mag er nicht sonderlich, was ihn vor "Trojanern" schützt.

Kurzum - besonders in der Display-Version (aber auch als Star Chess) ist Enterprise sehr erstrebenswert, denn er hat alles, was die "Großen" auch haben, dazu eine gute Spielstärke und ein sehr ansprechendes Äußeres - alles Pluspunkte für den "Unternehmungslustigen".

Unglaubliche Kunststücke

Beispielpartien von Kurt Utzinger

Der Super Enterprise ist eine wirkliche Überraschungsmaschine. Wenn man seine Features berücksichtigt - ebenbürtig mit Spitzengeräten - und den Preis einbezieht, verdient er die Höchstnote. Spielstärkenmäßig mag er mit den Großen nicht ganz mitzuhalten, aber bei optimaler Einstellung gibt es regelmäßig Gewinnpartien gegen Turbostar, Excellence und sogar Mephisto. Wer hat schon gesehen, dass der Turbostar 432 KSO in nur neun Zügen mattgesetzt wird? Hier das unglaubliche Kunststück:

Auch sonst macht der SE gegen den Turbostar eine gute Figur. Die nächste Partie wurde komplett in der Einstellung "positionell", die darauf folgende "aggressiv" gespielt.

In der folgenden Partie gegen den Super Constellation wurde in der Einstellung "normal" begonnen, im 12. Zug auf "aggressiv" geschaltet und ab dem 25. Zug "positionell" gespielt.

Und hier noch ein Sieg gegen seinen Landsmann aus Hongkong, diesmal "normal" bis zum 13. Zug, dann "aggressiv" und der Schluss (ab dem 39. Zug) "positionell".

Die folgende Partie gegen den Excellence wurde gleich "aggressiv" begonnen und ab dem 28. Zug "positionell" zu Ende geführt.

In der nächsten Partie ging dem Enterprise ein großer Fisch ins Netz. Mit viel Mühe konnte er ein zwar gewonnenes, aber für Computer sicher nicht einfaches Endspiel zum Sieg führen. Die Einstellung: Zug 1 bis 5 normal, 6 bis 18 aggressiv und ab Zug 19 positionell.

Im letzten Beispiel findet ein Springer, der voreilig auf Bauernfang gegangen war, nicht mehr nach Hause. Alles sieht nach einem klaren Sieg Mephistos aus, doch dann wird der große Meister doch noch beschwindelt...

Optimale Einstellung

So stellt man den Super Enterprise ein, um optimale Ergebnisse zu erzielen:

  • Eröffnung bis zum Abschluss der Entwicklung auf Stil 1 ( = normal);
  • hiernach sofort Umstellung auf Stil 3 (= aggressiv);
  • ab Materialwert 70 bis 68 Stil 1(= normal);
  • ab Materialwert 50 bis 48 Stil 4(= positionell).

Die sture Anwendung dieses Prinzips führt natürlich nicht immer zum Erfolg, weshalb noch einige wichtige Feinheiten zu berücksichtigen sind, wenn man an noch besseren Ergebnissen interessiert ist:

1. Ergibt sich in der Eröffnung eine scharfe Stellung mit eventuell ungleichem Materialverhältnis oder verpfuschter gegnerischer Rochadestellung, so ist sofortige Umstellung auf aggressiv angezeigt.

2. Eine eindeutige strategische Stellung, geschlossen, mit Spiel am Damenflügel für den SE, darf nicht aggressiv verlaufen, falls SE einen Bauern auf f4 (Weiß) oder f5 (Schwarz) hat. Hier wäre normal/aktiv anzuraten, da sonst fast immer ein Turmausflug (z.B. Tf8-f6-h6 usw.) folgt, mit Zersplitterung der Figurenharmonie.

3. Gibt der Gegner im Mittelspiel dem SE auf Stil aggressiv ein Schach, und der SE könnte beispielsweise zwischen Kf1 und Kh1 wählen, so ist sofortige Umstellung auf positionell nötig, damit SE nicht auf dumme Ideen kommt und den König in die ungeschützte Mitte stellt. Nach dem Königszug sollte man natürlich sofort wieder auf aggressiv zurückstellen.

(Kurt Utzinger)


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