7. WMCCC Rom 1987

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  • Rome ITA, 1987.09.14 - 1987.09.20
  • World Microcomputer Chess Champion: Mephisto Roma

Die siebte Weltmeisterschaft im Mikrocomputerschach fand vom 14. bis 20. September 1987 in Rom, Italien, statt. Sowohl in der Gruppe der Hersteller (Commercial Event) als auch in der Gruppe der Programmierer (Software Event) gewann Richard Lang mit Mephisto Roma bzw. Psion, gefolgt von David Levy und Mark Taylor mit CXG Sphinx und Cyrus 68K, und zwar knapper, als die Ergebnisse vermuten ließen. Bester Amateur war Gyula Horváth mit Pandix.

P Player Score SOP 1 2 3 4 5 6 7
1: Mephisto Roma A 3.0 / 3 0.0 4w+ .... .... .... 5b+ 6b+ ....
2: Mephisto Roma B 3.0 / 3 0.0 .... 5b+ .... .... 6w+ .... 4w+
3: Mephisto Roma C 3.0 / 3 0.0 .... 6w+ .... 4b+ .... .... 5w+
4: Sphinx A 0.0 / 3 9.0 1b- .... .... 3w- .... .... 2b-
5: Sphinx B 0.0 / 3 9.0 .... 2w- .... .... 1w- .... 3b-
6: Sphinx C 0.0 / 3 9.0 .... 3b- .... .... 2b- 1w- ....

9 games: +5 =0 -4

Computer Schach & Spiele / Heft 5 / Oktober-November 1987 (Frederic Friedel):

Geringe Beteiligung bei Mikro-WM

Nur zwei Teilnehmer in der kommerziellen Gruppe

Vor Beginn der Weltmeisterschaft kamen die Hiobsbotschaften in schneller Folge. SciSys spielt nicht mit, Novag hat kein Gerät angemeldet, und auch Fidelity bleibt lieber zu Hause. CSS wollte die Gründe wissen und bat alle drei Firmen um eine Stellungnahme.

Aus Hongkong kam ein Fax von Firmenchef Eric Winkler: "SciSys will gute, preiswerte Schachcomputer bauen. Unsere Ingenieure und Programmierer bleiben lieber in ihren Labors und entwickeln immer fortschrittlichere Systeme, anstatt mit drei hochgedrehten Supermaschinen durch die Welt zu reisen. Der Verbraucher kann schließlich nicht daran interessiert sein, unsere Hotelrechnungen zu bezahlen. Außerdem lässt SciSys in erster Linie seine Schachcomputer bei menschlichen Turnieren spielen, wo die wahren Stärken und Schwächen der Geräte am ehesten zutage treten."

Von der Firma Zens GmbH in Nürnberg erhielten wir einen Brief, in dem die Absage Novags so begründet wurde: "Die Weltmeisterschaft hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer Farce entwickelt. Wenn ein Hersteller für die leihweise Überlassung der Hardware 500.000 US-Dollar ausgibt, um damit die Weltmeisterschaft für seine ,kommerziellen' Schachcomputer zu erreichen, dann ist der Punkt erreicht, an dem der Titel käuflich wird." Nach Auskunft von Günter Zens steht auch Novag-Chef Peter Auge "in vollem Umfang" hinter dieser nicht näher erläuterten Aussage.

Aus Miami kam schließlich ein Telex von Fidelity International Inc. mit folgendem Wortlaut: "Fidelity verlor 1986 das Turnier in Dallas mit einem halben Punkt, weil unser bestes Programm mit Multiprozessor und Hash-Funktionen nicht teilnehmen durfte. Man versicherte uns damals, dass wir bei der nächsten WM mitspielen könnten. Jetzt hat das Organisationskomitee aber wieder beschlossen, dass unser bestes Programm nicht mitspielen kann. Wir haben es laut und deutlich vernommen: Fidelity ist bei der WM unerwünscht. Dennoch werden wir, sobald alle Restriktionen und Parteilichkeiten aus dem Reglement entfernt worden sind, sofort wieder zu den Teilnehmern der WM gehören."

Eine WM zu Zweit

Soviel zu den bitteren Absagen. Was blieb, war - in der kommerziellen Gruppe - ein Teilnehmerfeld von genau zwei Programmen! Das brachte für die Veranstalter schon organisatorische Probleme, denn bei je drei zugelassenen Geräten der beiden Firmen waren insgesamt nur neun Partien auszutragen. Man beschloss, am ersten Tag eine Partie zu spielen, am zweiten zwei, die nächsten beiden Tage zu pausieren, und an den letzten drei Tagen je zwei Partien anzusetzen. Gut, dass es noch die Software-Gruppe mit sieben Teilnehmern gab, so dass man dort täglich immerhin drei Partien sehen konnte. Diese Gruppe war recht bunt gemischt. Da war zunächst Psion Chess von Richard Lang, das auf einem 68020-System lief und sich in nichts von den Mephistos der kommerziellen Gruppe (s.u.) unterschied. Hinter Mephisto Experimental verbarg sich das Rebell/MM IV-Programm von Ed Schröder, das hier allerdings auf 18-MHz-schneller BitSlice-Hardware lief. Cyrus 68 hieß ein Programm von David Levy, das ebenfalls mit den Newcrest Programmen der kommerziellen Gruppe identisch war. Ulf Rathsman (Autor von Conchess, Mephisto MM II, Leonardo Brute Force) trat mit einer neuen Version von Plymate an, während die letzten drei Teilnehmer reine Amateure waren: Atari Kempelen des Ungarn Attila Kovacs, Pandix von seinem Landsmann Horvath, und Chat von Wolfgang Delmare, der sein Großrechnerprogramm auf ein 68000-System gebracht hat.

16, 24 und 28 MHz

Viel mehr dürfte unsere Leser interessieren, wie die kommerzielle Gruppe aussah. Der Mephisto Roma enthielt einen auf 28-MHz getunten 68020-Prozessor (32 Bit) und lief mit dem neuesten Programm von Star-Autor Richard Lang. Newcrest Technology Sphinx verwendete ebenfalls 68020-Hardware, wobei ein Gerät mit 24, die anderen beiden mit 16 MHz getaktet waren. Das Programm stammt von der Firma "Intelligent Chess Software" (David Levy und Partner) und soll demnächst in den Spitzengeräten der Firma Newcrest (auch unter der Bezeichnung "CXG" bzw. White & Allcock bekannt) seine Arbeit verrichten.

"Whitewash"

Levy war mit großem Optimismus ins Rennen gegangen. "Unser Programm ist Mephisto dicht auf den Fersen, wir haben in Rom sehr gute Chancen", meinte er noch vor einem Monat. Allerdings räumte er ein, dass vor der WM noch etliche kleine Fehler beseitigt werden müssten. Das gelang anscheinend nur unvollkommen, denn obwohl das Programm in einigen Partien eine vielversprechende Stellung erreichen konnte, war die Schlussbilanz niederschmetternd. Die Engländer nennen so etwas "a whitewash": Mephisto Roma siegte über Newcrest Sphinx mit 9:0 Punkten!

Die Partien dieser einseitigen Schlacht lagen bei der Abfassung dieser Zeilen noch nicht vor. Wir werden sie daher erst im nächsten Heft veröffentlichen können. Wer es allerdings nicht so lange aushält, kann sie sich schon eher mit einem rückadressierten und mit 80 Pfennig frankierten Umschlag von der CSS-Redaktion anfordern.

Wer sich gleich den neuen Weltmeister ins Haus holen will (allerdings mit normalem 68000-Prozessor und 12 MHz), der sollte schauen, ob auf dem Bankkonto noch DM 2398,- verfügbar sind. Soviel kostet nämlich das WM-Modul, das in einem Me Mikro-WM phisto Modular, Exclusive oder München eingesetzt werden kann. Für Besitzer des Vorgängermodells hat Hegener + Glaser einen Sonderservice eingerichtet: Wer ein Dallas-Modul nach dem 1.6.1987 erstanden hat, bekommt es kostenlos auf Roma umprogrammiert; wer vor dem genannten Datum kaufte, zahlt dafür DM 298,-.

Fünf von sechs Titeln

In der Software-Gruppe gab es die folgende Platzierung:

# Program CC Processor 1 2 3 4 5 6 7 P SoDOS
1 Psion GB 68020 12 MHz X ½ 1 1 1 1 1 13¼
2 Cyrus 68K GB 68020 24 MHz ½ X ½ 1 ½ 1 1 11
3 Plymate SE 6502 6 MHz 0 ½ X ½ 1 1 1 4
4 Mephisto X NL 6502 18 MHz 0 0 ½ X 1 1 1
5 Pandix HU 0 ½ 0 0 X 0 1
6 Kempelen HU 68000, Atari ST 0 0 0 0 1 X 0 1
7 Chat DE 68020 20 MHz 0 0 0 0 0 1 X 1 1

Insgesamt sechs Titel waren bei der Weltmeisterschaft zu vergeben, wovon die Münchner fünf nach Hause trugen: Kommerzieller Weltmeister (Mephisto Roma); Mannschaftssieg in der kommerziellen Gruppe (Mephisto Roma); Sieger der Software-Gruppe (Psion Chess alias Mephisto Roma); bestes PC-Programm (Psion Chess/Mephisto); und bestes Experimental-Gerät (Mephisto Experimental). Nur einen Titel ließ Hegener+Glaser zurück: Sieger der Amateure wurde das ungarische Programm Pandix.

Welche Zweikämpfe sich die Schlusslichter lieferten, wollen wir mit dem folgenden Kleinod (telefonisch aus Rom übermittelt) dokumentieren: Chat-Kempelen: 1.d4 f5 2.h3 Sf6 3.g4 fxg4 4.hxg4 Sxg4 5.Dd3 Sf6 6.Txh7 Sxh7 7.Dg6 matt! Kempelen-Autor Attila Kovacs teilte mit, dass sein Programm in der ersten Spielphase kein Matt sucht, da dies normalerweise sehr unwahrscheinlich ist. Das will er nun allerdings schleunigst ändern...

Weblinks

siehe auch