Mephisto Excalibur
Mephisto Excalibur | ||
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Hersteller | Hegener & Glaser | |
Markteinführung | 1983 | |
CElo | ca. 1700 | |
Programmierer | Nitsche, Thomas & Henne, Elmar | |
Prozessor | 68000 | |
Prozessortyp | 16 Bit | |
Takt | 8 MHz | |
RAM | 4 KB | |
ROM | 32 KB | |
Bibliothek | ca. 800 Varianten | |
Einführungspreis | 2550 € | |
Rechentiefe | ||
BT-2450 | - | |
BT-2630 | - | |
Colditz | - | |
Verwandt | Mephisto III | |
Zugeingabe | Magnetsensoren | |
Zugausgabe | 64 Brett LEDs | |
Display | 4-stellige 7-Segment Anzeige | |
Stromversorgung | 9V~ / 1,2A | |
Spielstufen | 8 | |
Maße | 51 x 51 x 9 cm | |
Sonstiges | ||
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Schachcomputer; Die Geschichte schrieben
Der Mephisto Excalibur von Alwin Gruber
Excalibur...mit diesem Namen verbindet man in erster Linie das magische, sagenumwobene Schwert, welches Arthus - der spätere König von Britannien - im 5. Jahrhundert nach Chr. unter unsichtbarer Mithilfe des Zauberers Merlin aus einem Felsen herauszog. Seither ranken sich viele Mythen und Legenden um diesen Namen...
Machen wir einen Zeitsprung in das 20. Jahrhundert. Deutschland im Herbst 1983: Auf dem deutschen Schachcomputermarkt buhlten die beiden Firmen Fidelity Electronics aus den USA und die in München beheimatete Hegener + Glaser GmbH im High-End-Bereich um die Gunst der Schachkrone.
Fidelity hatte sein "Flaggschiff", den turniergroßen Edelcomputer PRESTIGE A/S Challenger, welcher in hier bereits ausführlich vorgestellt wurde, für ca. 4.500,00 DM im Lieferprogramm.
Hegener + Glaser setzte hingegen für die kurz bevorstehende Micro-WM in Budapest auf den ersten, serienmäßig hergestellten 16-Bit-Micro-Rechner der Welt, welcher dort gleich in drei unterschiedlichen Versionen unter der Bezeichnung "Mephisto X, Y und Excalibur" an den Start ging und den 2., 9. und 10. Rang von insgesamt 18 Teilnehmern erreichte.
Nach der WM war der MEPHISTO EXCALIBUR nur über die in München ansässige "Hobby Computer Centrale, Weiner Vertriebs GmbH" für ca. 5.000,00 DM erhältlich. Die von den Ingenieuren der Hegener + Glaser GmbH ausschließlich in Handarbeit gefertigten Geräte wurden nach meinen Recherchen angesichtes des damaligen Preises nur in einer auf 25 Stück limitierten Auflage auf den Markt gebracht. Mein eigenes Exemplar hat übrigens die Nr. 23. Demnach stellt der Mephisto Excalibur aus heutiger Sicht ein sehr seltenes und begehrtes Sammlerstück dar. Nachdem die Nachfrage aber überraschend hoch war, wurde meines Wissens noch eine zweite Auflage von weiteren 25 Stück hergestellt. Eine telefonische Rückfrage bei Ossi Weiner zu diesem Sachverhalt ergab leider keine weiteren, neuen Erkenntnisse, da seitdem doch schon über 16 Jahre vergangen sind.
Insgesamt dürften aber nicht mehr als 50 EXCALIBURS hergestellt worden sein. Demnach stellt dieser - aus heutiger Sicht - ein begehrtes Sammlerstück dar.
Was konnte man damals von einem Schachcomputer für 5.000,00 DM erwarten?
Zunächst einmal ein wunderschönes, äußerst sauber verarbeitetes und gediegenes Edelholzmagnetsensorbrett in Turniermaß mit Nußbaum-Ahorn-Intarsien (Maße 50 x 50 x 8 cm), 64 Feld-LED und handgeschnitzten Figuren aus fernöstlichen Wäldern. Auf der Vorderseite des Spielfeldes war eine auf Hochglanz polierte Messing-Plakette angebracht, welche in geschwungener Form das Wort EXCALIBUR eingraviert hatte. Öffnete man die rechts seitlich am Gehäuse angebrachte Schublade - welche auch zur Aufbewahrung der Schachfiguren diente - so war auf den ersten Blick eine sehr starke Ähnlichkeit mit dem bekannten ESB-Grundgerät erkennbar.
Allerdings wurde nur das Gehäuseoberteil und die Tastatur des allseits bekannten, schwarzen Mephisto-Grundgerätes (auch unter der Bezeichnung "Brikett" oder "Zigarrenkistchen" bekannt geworden) verwendet. Darunter verbarg sich unter einer abschraubbaren Platte eine in Handarbeit hergestellte Platine, deren Elektronik es für damalige Verhältnisse wahrlich in sich hatte: Es handelte sich um den noch recht selten verfügbaren ersten 16-Bit-Prozessor der Welt, den brandneuen Motorola 68.000, getaktet mit 8 Mhz.
Damit erreichte der Mephisto Excalibur in etwa die 3,5fache Rechengeschwindigkeit des 8-Bit Standard-Modells Mephisto III mit einer CDP 1802-CPU und 6,1 Mhz. Einfacher ausgedrückt handelte es sich also um eine recht kostspielige "TURBO-Variante" mit ca. 21 Mhz. Der Excalibur besaß eine industriell gefertigte Platine (PCB) mit 128 KByte dynamischen RAM Memory, welche in Einzelanfertigung hergestellt wurden. Dabei wurde eine existierende Motorola 68000 Computersystemplatine aufgebaut als ESB-ähnliches Gerät. Das eigentliche Schachprogramm steckte im Gegensatz zum Mephisto ESB III (auch als ESB 6000 bezeichnet) in einem eigenen, fest mit dem Gerät verbundenen Kassettengehäuse. In diesem Kassettengehäuse befanden sich vier gesockelte EPROM's mit insgesamt 64 KByte Speicherkapazität, davon 56 KByte ROM (also das eigentliche Schachprogramm) sowie 8 KByte RAM Memory (sogenannter Stapelspeicher/Arbeitsspeicher/Kellerspeicher für die durchgeführten Rechenoperationen, welcher nach dem Prinzip "last in, first out" arbeitet). Das Programm-Modul war nach Herstellerangaben austauschbar und nachprogrammierbar.
Jetzt kommt die Besonderheit beim Mephisto Excalibur: Um die für die damalige Zeit revolutionäre Hardware optimal auszunutzen, wurde beim Programmstart der gesamte EPROM-Speicher von 56 KByte sowie 8 KByte RAM in das dynamische RAM Memory der industriellen Platine (PCB) kopiert. Die verbleibenden 64 KByte dynamischer RAM-Speicher auf der Programmplatine wurden damit nicht genutzt! Das Programm war sowohl vom Austattungsumfang als auch von der Spielweise sehr nah verwandt mit dem allseits bekannten Mephisto III, damit aber auf die Bedürfnisse eines 16-Bit-Datenbusses optimiert worden.
Zum Vergleich: der Programmumfang beim Mephisto III betrug 32 KB (2 EPROM's zu je 16 KB). Dieser konnte auf ein Eröffnungsrepertoire von ca. 3.000 Halbzügen in 500 Varianten zurückgreifen. Beim Excalibur waren es aufgrund des größeren EPROM's dagegen ca. 800 Haupt- und Nebenvarianten. Er gehörte neben dem Mephisto III und dem Steinitz 4-Modul von Applied Concepts zu dem ersten Schachmicro, der auch Zugumstellungen in der Eröffnung erkannte.
Der Excalibur besaß 9 gut gestaffelte Spiel-, 1 Problem- und 1 Fernschachstufe, eine 4-Zeiten-Schachuhr (für Einzel- und Summenzeiten) und einen sog. "Schachlehrer", der mittels 4 Fragezeichen vor schlechten Zügen warnte. Im Gegensatz zum Mephisto III, welcher während der Rechenphase auf dem 4-stelligen LCD-Display in blinkender Form nur die Zugzeiten anzeigte, war der Excalibur in der Serienversion da wesentlich "auskunftsfreudiger". Mittels eines Rolliermodus wurden automatisch im Sekundentakt angezeigt:
- 1. Zug der berechneten Hauptvariante
- 2. Zug der berechneten Hauptvariante
- Stellungsbewertung
- Rechentiefe Minimal (Brute Force) und jeweils untersuchte Ast-Nummer innerhalb des Suchbaums
- Zeittendenz über die vom Programm vorgegebene, verbleibende Restzeit
Neben den Excaliburs in der "Serienversion" gibt es noch EIN Exemplar, welcher als "Mephisto X" an der 4. Weltmeisterschaft für Schachprogramme vom 22. bis 25. Oktober 1983 in New York teilnahm. Dort spielten auch Großrechner wie Cray Blitz oder Belle mit und der Mephisto Excalibur (bzw. Mephisto X) belegte dort als bester Microrechner einen beachtlichen 9. Platz. Von mir vorgenommene Untersuchungen ergaben, dass es gewisse Unterschiede bei den beiden Programmen gibt, welche m.E. jedoch nur geringer Natur sind und sich in Form von marginalen Stellungsbewertungsunterschieden ausdrücken. Hinsichtlich der Gestaltung des Eröffnungsbuches der beiden Excalibur-Versionen kann derzeit keine Aussage gemacht werden, da hier aus Zeitmangel sowie aus Kosten-Nutzenaspekten von mir noch keine Tests durchgeführt wurden. Der auffälligste Unterschied besteht bei der "WM-Version New York 1983" darin, dass hier im Rolliermodus alle Informationen wie beim Serien-Excalibur außer der Zeittendenz angezeigt werden.
Meine Untersuchungen haben ferner ergeben, daß manche Excalibur-Varianten zusätzlich noch die Zeittendenz (vom Programm intern vorgegebene Rest-Rechenzeit) und die Anzahl der berechneten Knoten anzeigten. Es könnte sich dabei vermutlich um einzelne Geräte der ersten oder zweiten produzierten Serie handeln. Mittels einen Tastendruckes auf "INFO" und A1" "B2" oder "C3" konnten die vorgenannten Informationen, analog zum Mephisto III, durch Betätigung der Vor-Zurück-Pfeiltasten auch einzeln entlockt werden. Die berechnete Hauptvariante konnte dabei sogar bis zu 5 Halbzügen abgerufen werden. Ferner war auch eine sog. "Kommentarzeile" vorhanden, die mittels stilisierter Symbole Schach, Matt, Patt, Remis, Mattankündigungen, Bauernumwandlungen, En-Passant sowie Gewinn- und Verluststellungen (+9,99/-9,99) anzeigte.
Kontrollton und Zufallsgenerator waren, wie das Eröffnungsrepertoire, zu- und abschaltbar. Eine Auto-Play-Funktion war ebenfalls vorhanden.
Mit dem eigentlichen Schachprogramm betrat das Programmierer-Team Thomas Nitsche und Elmar Henne damals absolutes Neuland. Mit seiner extrem flachen, erschöpfenden Suche (Brute Force), die durch sehr tiefe, selektiv durchgerechnete Varianten ergänzt wurde, und durch die drastische Beschneidung des Variantenbaumes, war eine gezielte Untersuchung der schachlich relevantenVarianten in eine weitaus größere Rechentiefe als bisher möglich. Auf der Turnierstufe 6 war der Excalibur in Mittelspielstellungen befähigt, durchschnittlich eine erschöpfende Suche von 3 (manchmal auch 4) Halbzügen "Brute Force" zu erreichen, während er darüber hinaus die aussichtsreichsten Varianten "selektiv" bis zu einer Tiefe von 19 (!) Halbzügen durchrechnete. Dieser führte in normalen Mittelspielstellungen dazu, daß ähnlich wie bei menschlichen Schachspielern, der Excalibur durchschnittlich nur 5-6 Stellungen (Knoten) pro Sekunde untersuchte. Der deutlich langsamer rechnende Standard-Mephisto III mit 6,1 Mhz brachte es dagegen nur auf 2 Stellungen pro Sekunde. Bei der austauschbaren und mit 8 Mhz getakteten 8-Bit Modular- bzw. Exclusive-Version (mit einer CDP 1806 - CPU) waren es rd. 2 bis 3 Knoten pro Sekunde.
Für kurze Zeit wurde für die 8-Bit-Geräte eine "Mephisto III-Spezial"-Variante mit 12,00 Mhz von der Hobby Computer Centrale zu einem Aufpreis von 295,00 DM angeboten. Eigenen Tests zufolge lag diese Variante mit 3,5 - 4 Knoten pro Sekunde leistungsmäßig zwischen der 8 Mhz-Version und dem Excalibur.
Wo viel Licht ist, gibt es aber auch viel Schatten... Im praktischen Spiel bedeutete dies, daß der EXCALIBUR in manchen Positionen mitunter Glanzzüge fand, auf der anderen Seite aber aufgrund der durch das Programm bedingten, drastischen Beschneidung des Variantenbaumes, gegnerische Drohungen einfach "übersah" und dann sang- und klanglos unterging. Er pflegte somit also einen ziemlich menschlich anmutenden Spielstil, bei dem sich der Gegner ständig die Frage stellen mußte: "Sieht er es, oder sieht er es nicht?" Vor allem aber im Endspiel war ein merklicher Abfall der Spielstärke zu beobachten, was sich auch in diversen Untersuchungen mit meinem eigenen Gerät immer wieder bestätigte. Sehr schön herausgespielte Stellungsvorteile bzw. Gewinnstellungen wurden oftmals leider wieder "vermurkst", wie die nachfolgend von mir durchgeführte Testpartie gegen den Fidelity Excel 68000 auf Turnierstufe (40 Züge/2 Stunden) aufzeigt. Schlußanmerkung:
Der Mephisto Excalibur war aufgrund seiner begrenzt hergestellten Stückzahl nur knapp 1 Jahr auf dem dt. Markt erhältlich. Im Herbst 1984 wurde er durch den deutlich aktiver agierenden sowie taktisch weitaus weniger anfälligen "Mephisto S 68000" abgelöst, der zusammen mit dem Fidelity Elite A/S Challenger die MICRO-WM in Glasgow gewann. Dieses eng auf dem Excalibur basierende Programm (68000-Prozessor mit 12 Mhz, 64 KB ROM, 16 KB RAM und weit mehr als 1.000 Eröffnungsvarianten) war ausschließlich nur noch als Moduleinschub zusammen in Verbindung mit den Modular- bzw. Exclusive-Grundgeräten für knapp 2.800,00 DM bzw. 3.000,00 DM erhältlich. Es war zugleich das letzte Programm, welches das erfolgreiche Programmierer-Gespann Nitsche/Henne für Hegener + Glaser konzipierten. Trotz oder gerade wegen seiner Unvollkommenheit und Unberechenbarkeit übt der Mephisto Excalibur aber auf mich aus schachlicher Sicht nach wie vor einen äußerst großen Reiz aus. Er war der "PIONIER" für alle heutigen, stark wissensorientierten und auf selektiver Basis rechnenden Schachprogramme.
Alwin Gruber
Hier noch ein Testergebnisse zur genauen Identifikation eines Excaliburs anhand von berechneten Stellungen:
Test: Anzahl der berechneten Stellungen nach exakt 6 Minuten aus der Grundstellung im Level 9 Berechnung nach 1.f3!
Excalibur "Serie" 8MHz: 2026 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Excalibur "WM Version New York" 8MHz: 2028 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 3,5MHz: 376 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 6,1MHz: 623 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 11MHz: 1184 Stellungen nach exakt 6 Minuten
Mephisto III 12MHz "Special": 1280 Stellungen nach exakt 6 Minuten