Conchess Amsterdam (Plymate)

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Programmversion der Firma Conchess aus dem Jahr 1985 für die Conchess Module S, C und T, einsetzbar in die Geräte Escorter, Ambassador und Monarch.

Plymate war eine Reihe von Schachprogrammen von Ulf Rathsman und Lars Hjorth, die in Assembler geschrieben wurden, um auf 6502-basierten Conchess-Schachcomputern mit bis zu 8 MHz zu laufen. Plymate wurde als Kassette für Conchess-Computer vermarktet und wurde auch in den Mephisto MM II von Hegener & Glaser verbaut. Plymate nahm an vier ICGA-Weltcomputerschachturnieren teil, dem WMCCC 1985, WCCC 1986, dem WMCCC 1987 und der kommerziellen Gruppe des WMCCC 1988.

Programmversion Amsterdam (Plymate)

Die Umprogrammierung der T-, S- und P-Kassetten auf das WM-Programm Amsterdam betrug 148 DM. Lieferant war die Firma Loproc GmbH (früher EES) aus München (Feldafing).

  • Programmkassette S 4 (S = Speed)
    • Speed: 4 MHz
    • Preis: 598 DM
  • Programmkassette C (A2)
  • Speed: 2, 6, 8, 5.5 MHz
  • Programmkassette T 6 (T = Top Speed)
    • Speed 6 MHz
    • Preis: 998 DM
  • Programmkassette T 8 (T = Top Speed)
    • Speed: 8 MHz
    • Preis: 1198 DM
  • Eröffnungskassette L16
    • 1985-09-xx : 8850 Züge in 1740 Varianten , (L = Library)

Die L16-Eröffnungskassette funktioniert nicht mit Standard / Glasgow / Glasgow Plus. Arbeitet mit Amsterdam und späteren Modulen, z.B. Plymate Victoria.

Die Kassetten Standard, S, M und T beinhalten die CPU, Taktgeber und die Speicherbausteine für RAM und ROM. Die Sensorbretter beinhalten nur die Stromversorgung und die Schnittstelle zur Kassettenhardware.

Stärker als sein Vorgänger

Conchess Amsterdam (Plymate) im Test (aus Computer Schach & Spiele / Heft 1 / Febr.-März 1986)

Angesichts der Schlagzeilen, die der Mephisto Amsterdam wegen seines glorreichen Sieges bei der letztjährigen Mikro-WM gerade macht, besteht die Gefahr, dass ein anderes Programm, Plymate, das 2. in der Mannschaftswertung wurde, zu sehr in den Hintergrund gedrängt wird. Dr. H. E. Fritsch hat sich mit ihm befasst.

Das Plymate-Programm des Schweden Ulf Rathsman lief bei der WM auf Conchess-Hardware mit einer Taktfrequenz von 8 MHz. Plymate stellt eine Weiterentwicklung des 1984 so erfolgreichen Programms Conchess T Glasgow Plus dar und hat, abgesehen von dem 0:8 gegen Mephisto Amsterdam, gegen Orwell, Blitzmonster und Turbostar insgesamt ein Score von 10,5:5,5 erreicht und damit die Mitbewerber der (preislichen) Mittelklasse klar distanziert.

Bei meinen Untersuchungen stand naturgemäß die Frage im Vordergrund, ob und inwieweit das neue Plymate-Amsterdam-Programm (im folgenden "Conchess A" genannt) gegenüber dem Glasgow Plus (im folgenden "Conchess G") verbessert wurde. Dazu habe ich zunächst den Colditz-Test, bei dem Conchess G mit 2090 Elo ein sensationelles Ergebnis erzielt hatte, durchgeführt. Eine Steigerung schien kaum vorstellbar, aber das Unwahrscheinliche trat ein: Conchess A erzielte in der sogenannten T6-Ausführung (normalerweise 6,0 MHz, 6,4 MHz beim Testgerät) nicht weniger als 2160 Elo-Punkte! Ein kaum glaubliches Ergebnis. Als weiterer Rekord ist zu verzeichnen, dass Conchess A als erstes Programm alle 30 Aufgaben des Tests lösen konnte.

Neue Maßstäbe

Bezüglich der Kombinationsstärke setzt Conchess A also neue Maßstäbe. Dabei erreicht die in Zukunft allein von Conchess angebotene 8 MHz-Version (Conchess T8) mit 2190 Elo sogar noch 30 Elo-Punkte mehr als die T6-Version!

Als nächstes habe ich den Bratko-Kopec Test durchgeführt. Auch bei diesem Test erreichte Conchess A mit 11 Punkten gegenüber Conchess G (9 Punkte) das bessere Ergebnis. Es fiel besonders auf, dass Conchess A nun bei den Stellungen 3, 4 und 6 positionell angemessene Bauernzüge findet. Conchess G musste hier noch passen.

Auf Grund dieser Testergebnisse konnte man auf besseres praktisches Spiel hoffen.

Viel dazugelernt

Da mir ein großer Turniervergleich mit anderen Programmen bei 40 Zügen in 2 Stunden viel zu zeitaufwendig erschien, habe ich zunächst einmal untersucht, wie sich Conchess A in einem gewonnenen Turmendspiel verhält, das Conchess G gegen den Elite Glasgow nur zum Remis bringen konnte.

Weiß am Zug


Conchess G hatte folgendermaßen gespielt (40 Züge in 2 Stunden): 1.f4 Kc4 2.f5 Kd5 3.Th6 Ke5 4.f6 Ke6 5.h4 Th3 + 6.Ke2 Kf7 7.h5 Tc3 8.Kf2 Td3 9.Tg6 Td5 10.Tg7 + Kxf6 11.Th7 Kg5 12.Th8 Kf6 13.h6 Kg6 14.K f3 Th5 15.Te8 Th3 + 16.Kg4 Txh6 17.Te6 + Kg7 18.Txh6 Kxh6 remis. Offensichtlich versteht er so gut wie nichts von diesem Endspiel.

Conchess A (4.0 MHz) hat viel dazugelernt und behandelt das Endspiel zumindest stellenweise wesentlich planvoller. Immerhin setzt er sich gegen den Elite G (3,6 MHz) auf der Turnierstufe durch: 1.Kd4 (der König wird gleich mobilisiert) Td2 + 2.Ke5 Kc5 3.Ke6 Td5 4.Th8 Td4 5.Tc8 + Kb6 6.Tc2 (der wT wird in die Idealstellung hinter den Bauern gebracht) Tf4 7.Tf2 Th4 8.f4 Th6 + 9.Ke7 Th7 + 10.Ke8 Th8 + 11.Kf7 Th7 + 12.Kg8 Txh3 13.f5 Tg3+ 14.Kh8 Th3 + 15.Kg7 Tg3+ 16.Kh7 Th3 + 17.Kg6 Tg3 + 18.Kh6 Th3 + 19.Kg5 Tg3 + 20.Kh5 Th3 + 21.Kg4 Th7 22.f6 Tf7 23.Kg5 Tf8 24.f7 Kc5 25.Kg6 Kd6 26.Kg7 Tc8 (nach 26...Ke7 kommt 27.Te2 + nebst KxT) 27.f8D + Txf8 28.Txf8 nebst Matt im 45. Zug.

Ein Turniervergleich mit dem Elite Glasgow (3,6 MHz) führte nach sieben Partien zu einem Unentschieden von 3,5:3,5. Beide Programme (Elite und Conchess A) zeigten dabei abwechselnd gute und weniger gute Leistungen.

Die wichtigsten Features


Aggressiver im Blitzschach

Abschließend musste sich Conchess A noch einem doppelrundigen Blitzturnier über alle 33 Hauptvarianten (= 66 Blitzpartien!) gegen den anerkannt guten Blitzer Conchess G bewähren. Wie der bei-gefügten Ergebnisübersicht zu entnehmen ist, gibt es Varianten, die jeweils einem der beiden Programme besser zu liegen scheinen, aber insgesamt behielt Conchess A mit 35:31 knapp die Oberhand. Es fiel auf, dass Conchess A im Blitzschach aggressiver spielt als sein Vorgänger.

Hier das Ergebnis des Blitzturniers zwischen Conchess A (CA) und Conchess G (CG) - beide Maschinen liefen mit 6,4 MHz über sämtliche 33 Hauptvarianten der Eröffnungsliste:

Eröffnungsvariante CG:CA CA:CG
Bogoljubow-Indisch 0:1 1:0
Caro-Kann-Verteidigung 0:1 1:0
Damenbauernspiel 0:1 1:0
Philidor-Verteidigung 0:1 1:0
Aljechin-Verteidigung = 1:0
Benoni-Verteidigung 0:1 =
Italienische Partie 0:1 =
Jänisch-Gambit 0:1 =
Mittelgambit 0:1 =
Zweispringerspiel im Nachzug = 1:0
Damengambit, abgelehnt = =
Damengambit, angenommen = 0:1
Damenindische Verteidigung 0:1 0:1
Englische Partie 0:1 0:1
Grünfeld-Indisch 1:0 1:0
Holländische Verteidigung 0:1 0:1
Königsgambit, abgelehnt 1:0 1:0
Königsgambit, angenommen = =
Königsindische Verteidigung 1:0 1:0
Nimzo-Indische Verteidigung 0:1 0:1
Orang-Utan 0:1 0:1
Schottische Partie = =
Slawische Verteidigung 0:1 0:1
Spanische Partie 1:0 1:0
Wiener Partie 1:0 1:0
Königsläuferspiel 1:0 =
Lettisches Gambit 1:0 =
Pirc-Ufimzew-Verteidigung = 0:1
Reti-System = 0:1
Russische Verteidigung 1:0 =
Sizilianische Verteidigung = 0:1
Vierspringerspiel = 0:1
Französische Verteidigung 1:0 0:1
14:19 16:17

Taktfrequenz und Spielstärke

Conchess-Kassetten im Vergleich (aus Computer Schach & Spiele / Heft 1 / Febr.-März 1986)

Das Thema "Rechengeschwindigkeitserhöhung" bei Schachcomputern wird gerade in letzter Zeit speziell für Mephisto- und Fidelity-Geräte groß herausgestellt. Bringt die Erhöhung der Taktfrequenz tatsächlich eine messbare Steigerung der Spielstärke? Jörg Mitsdörffer hat sich mit dieser Frage beschäftigt.

Es traf sich gut, dass mir ein Programm zur Verfügung stand, das je nach Hardware mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten abläuft: Für meinen Conchess Monarch S habe ich drei Programm-Module die mit 2 MHz (C-Kassette), 3,2 MHz (S-Kassette) und 6 MHz (T-Kassette) getaktet sind. Da jedes Modul das gleiche Programm (Conchess Glasgow plus) ausführt, ließ sich damit die immer wieder gestellte Frage, „Was bringt die Anhebung der Taktfrequenz eigentlich?" beispielhaft beantworten. Conchess nimmt ohnehin - das erkennt man unschwer bei der Auswertung aller Turnierergebnisse - eine Spitzenstellung unter den Schachprogrammen ein. Und die T-Version geht dermaßen respektlos mit Läszl6 Lindners Problemlösetest (CSS 3/84) um, dass einem Hören und Sehen vergeht.

Das Conchess-Programm rechnet je nach eingestellter Spielstufe nach zwei unterschiedlichen Verfahren: In den Turnierstufen teilt sich der Rechner die Zeit frei ein, während in den Trainingsstufen die Spielsituation bis zu einer fest vorgegebenen Suchtiefe vollständig durchgerechnet wird, wonach der Computer dann den besten Zug ausführt.

Bis 150 Punkte Unterschied

Beim Colditz-Test stellte ich fest, dass bei zunehmender Taktfrequenz die Lösezeiten schrumpfen und die Punkte entsprechend steigen. Wenn man die Stellungen 106, 110, 115 und 117, die gar nicht oder nur von den schnelleren Kassetten gelöst werden, außer Betracht lässt, dann kommt man für die übrigen Aufgaben auf folgende Zeiten: Die 2 MHz-Version benötigt insgesamt 1103 Sekunden, die S-Kassette mit 3,2 MHz erledigt die Aufgaben in 702 sec., wohingegen die T-Kassette mit 6 MHz nach nur 399 sec. gelangweilt nach neuen Aufgaben fragt.

Insgesamt sah das Ergebnis im Colditz-Test folgendermaßen aus:

Turnierstufe Trainingstufe
C-Kassette (2,0 MHz) 1644,5 Pkte = 1860 Elo 1715,5 Pkte = 1930 Elo
S-Kassette (3,2 MHz) 1653,0 Pkte = 1870 Elo 1767,0 Pkte = 1980 Elo
T-Kassette (6,0 MHz) 1794,5 Pkte = 2010 Elo 1831,5 Pkte = 2040 Elo

Auffällig bei den einzelnen Aufgaben ist, dass bei Lösezeiten unter einer Minute der Unterschied sehr gering ist. Es kommt mitunter sogar vor, dass die langsamere Version den richtigen Zug schneller findet. Sobald aber längere Lösezeiten benötigt werden, ist das T-Modul eindeutig im Vorteil, so dass es hier zu einer Verbesserung der Spielstärke kommt.

Eher Zufall als Suchtiefe

Im Bratko-Kopec Test schnitt die 6 MHz-Version am besten ab (8,25 Punkte), allerdings erzielte die 2 MHz-Kassette mit 7,33 Punkten überraschenderweise ein besseres Ergebnis als die 3,2 MHz-Kassette (6,0 Punkte). Man sieht daran, dass bei strategischen Problemen häufig eher der Zufall als die Suchtiefe entscheidend ist.

Insgesamt kam ich zu dem Schluss, dass der 6 MHz-Prozessor gerade im Turnierschach deutlich stärker spielt als die langsameren Versionen. Dass jedoch bei Rechenzeiten von unter einer Minute kein deutlicher Unterschied feststellbar ist, scheint im Gegensatz zur einschlägigen Werbung zu stehen, die durch schnellere Prozessoren gerade bessere Blitzeigenschaften verspricht.

Manchem Leser werden die geforderten DM 1.200 für die T-Kassette ungerechtfertigt vorkommen. Wer jedoch die Preise für einen ausgetesteten und standfesten 6 MHz-Mikroprozessor 6502 kennt, wird über diesen Preis nicht erstaunt sein.

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